Bei Annullierung muss die Fluglinie eine Ersatzbeförderung darlegen

Bei Verspätungen und Annullierungen ist das zuständige Luftfahrtunternehmen verpflichtet, seinen Kunden bei ausreichender Kapazität einen Ersatzflug oder eine sonstige anderweitige Beförderungsmöglichkeit anzubieten.

In einem zunächst beim Landgericht Landshut entschiedenen Fall, wollten 4 Urlauber von Kuba nach München fliegen. Im Ergebnis kamen sie dort erst mit mehr als 20 Stunden Verspätung an. Ein Unwetter hatte den Flughafen des eigentlichen Abflugorts zerstört. Daraufhin wurden die Reisenden auf einen Ersatzflug von einem anderen Flughafen auf Kuba umgebucht. Die Ersatzmaschine musste wegen eines medizinischen Notfalls eines anderen Passagiers außerplanmäßig in Miami zwischenlanden. Dort musste das Flugzeug auch einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden. Eine Weiterreise war dann nicht sofort möglich, weil die Besatzung die vorgeschriebenen Ruhezeiten einhalten musste. So ergab sich eine 20-stündige Verspätung in der Ankunft. Nachdem das Amtsgericht die Fluggesellschaft zur Zahlung der Ausgleichsentschädigung verurteilt hatte, wies das Landgericht Landshut im Berufungsverfahren die Klage ab. Nach dortiger Auffassung lag ein außergewöhnlicher Umstand vor, weil die lebensbedrohliche Erkrankung eines Fluggastes nicht in die Sphäre des Luftfahrtunternehmens falle. Allerdings vertrat das Landgericht weiterhin die Auffassung, der Anspruch sei nicht etwa deshalb begründet, weil die Fluggesellschaft nichts zur Möglichkeit einer Ersatzbeförderung vorgetragen hatte.

Dies sah der Bundesgerichtshof im Revisionsverfahren entscheidend anders. Er hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies den Rechtsstreit zurück. Nach seiner Meinung hätte das Flugunternehmen verpflichtend zur weiteren Möglichkeit einer Ersatzbeförderung vortragen müssen. Es gehöre zu dem in der Verordnung geregelten Pflichtenkatalog, dem Fluggast eine andere direkte oder indirekte Beförderung mit einem Flug anzubieten. Eine Ausnahme von dieser Pflicht sei nur dann gegeben, wenn die Durchführung des Ersatzfluges für das betreffende Unternehmen ein untragbares Opfer darstelle.

Damit steht fest, dass die Fluggesellschaften sich nicht ohne Weiteres auf das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstands berufen können, um sich ihrer Zahlungspflicht zu entziehen. Ohne weiteren Vortrag zu möglichen Ersatzflügen bleibt es bei der Zahlungspflicht der Fluggesellschaft.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.11.2022, Aktenzeichen: X ZR 97/21